Mastodon ist in aller Munde. Nicht zuletzt durch die mediale Begleitung der letzten Monate. Dabei wurde ein Vergleich von Mastodon mit Twitter gezogen und Mastodon als neue Konkurrenz zu Twitter von Elon Musk aufgebaut. So hat sich mittlerweile der geschützte Markenname “Mastodon” als quasi Inbegriff des Fediverse etabliert. Für alle, die das Fediverse etwas besser kennen als die neuen Nutzerinnen und Nutzer, ist natürlich klar, dass eine Marke niemals für ein dezentrales Netzwerk stehen kann. Dieses dezentrale Netzwerk zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit aus. So kann jeder, der die nötigen Kenntnisse hat, nicht nur einen eigenen Server aufsetzen, sondern auf Basis des Protokolls ActivityPub seine eigene Plattform entwerfen.
Vor dem Fediverse war die Federation
Noch etwas anderes kommt hinzu. Das Fediverse ist sehr viel älter, als es Mastodon ist. Die Entwicklung begann in 2008 und bereits 2010 gab es erste Verbunde zwischen verschiedenen Plattformen, die auch noch unterschiedliche Protokolle verwendeten. Die Föderation (Federation) war geboren.
Das Besondere an der ab 2010 entstandenen Föderation war, dass nicht einfach verschiedene Projekte unabhängig voneinander entstanden sind, sondern dass diese Projekte auch den Willen hatten, Daten untereinander auszutauschen. Die Atmosphäre zwischen den Entwicklern war gut, man kannte sich und begann voneinander zu lernen. Da die Projekte unabhängig voneinander entstanden sind, gab es zu diesem Zeitpunkt kein gemeinsames Protokoll, das sie verwenden konnten. Die damals relevanten Projekte waren Diaspora und Friendica. Später folgte Hubzilla als Abspaltung von Friendica. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits alle wesentlichen Funktionen realisiert, die wir heute wie selbstverständlich nutzen. Dazu gehören die persönliche, lokale und öffentliche Timeline, Gruppen, Quotes und viele, viele andere Dinge, ohne die wir uns das Fediverse heute nicht mehr vorstellen können. OStatus war das Protokoll der Wahl für neue Projekte. Ab 2015 folgte der Relaunch von Mastodon. Damals nutzte das Projekt, wie viele andere auch, OStatus, um mit den bestehenden Usern auf den vorhandenen Plattformen kommunizieren zu können. Den Rest kennt ihr sicher aus eigener Erfahrung.
Friendica mit den Extras
Friendica ist eines der Projekte, die das Fediverse maßgeblich beeinflusst haben. Viele Dinge, die heute in den verschiedenen Projekten selbstverständlich sind, wurden hier zum ersten Mal entwickelt oder speziell für das Fediverse konzipiert. Wer jetzt denkt, dass Friendica damit zum alten Eisen gehört, der irrt gewaltig. Das Projekt ist nach wie vor sehr aktiv. Sowohl die Entwickler als auch die Benutzer sind eine sehr treue Gruppe. Ein echtes FOSS-Projekt (Free and open-source Software), bei dem jeder seine Ideen einbringen kann.
Channel
Die Nutzung von Friendica unterscheidet sich kaum von anderen Projekten. Nach dem Anlegen eines neuen Accounts kann man sofort loslegen. Dabei hält Friendica eine Überraschung für neue Nutzer bereit. Über so genannte Channels werden neue User direkt mit interessanten Beiträgen versorgt, die sich auf dem Server befinden und nach verschiedenen Interaktionsmustern ausgewählt werden. Dabei ist zu beachten, dass Friendica hierfür keine personenbezogenen Daten sammelt, sondern den eingehenden Datenstrom nach verschiedenen Gesichtspunkten aufbereitet.
Kontaktvorschläge
Die zweite Überraschung sind die Kontaktvorschläge, die auf Grundlage von Interessen ermittelt werden, die der neue Nutzende seinen Profil zuordnen kann. Mit diesen wenigen Angaben können tatsächlich passgenaue Profile vorgeschlagen werden, die sich auch in der weiteren Konversation als interessant erweisen. Es ist immer ein Unterschied, ob die Person etwas mit mir teilt oder ob ich nur zufällig dem Kontakt gefolgt bin. Für mich persönlich war das ein gelungener Einstand.
Gruppen, Kalender & eine echte Bildergalerie
Da Friendica zu den Gründern von Fediverse gehört, vereint es vieles, was heute teilweise als separate Fediverse-Plattform gestartet ist. So gehören Gruppen, Kalender und eine Bildergalerie zur Standardausstattung. In der Galerie kann ich meine Bilder thematisch gruppieren, um Ordnung zu schaffen und ein schnelles Auffinden zu ermöglichen. Kbin oder Lemmy fügen sich nahtlos in die Timeline ein und werden ebenso unterstützt wie die Friendica-eigenen Gruppen. Natürlich kann man mit den Usern interagieren, als wären sie auf der eigenen Plattform. Dazu gehört auch das Up- oder Downvoting von Inhalten. In der Bildergalerie können die Bilder thematisch sortiert, verschlagwortet und mit Tags versehen werden. Über eine einfache Rechteverwaltung kann die Sichtbarkeit für verschiedene Kontaktkreise (Circles) festgelegt werden. So kann man Personengruppen schreiben, die für alle anderen Nutzer des Fediverse unsichtbar bleiben. Einige kennen diese Funktion vielleicht noch von GPlus.
Micro- oder Macroblog - deine Entscheidung
Das Wichtigste zum Schluss. Mit Friendica kannst du sofort loslegen, ohne komplizierte Verrenkungen machen zu müssen. Neben BBCode wird auch Markdown unterstützt, mit dem sich Texte individuell gestalten lassen. Ob du dich nur mit einem kurzen Kommentar melden oder deine komplette Diplomarbeit veröffentlichen möchtest, bleibt ganz dir überlassen. Welche Gestaltungsmöglichkeiten du dabei hast, zeigt sehr schön dieser Artikel, den ich dir hier verlinke. ¹:
Fazit
Auch wenn ich erst begonnen habe dir über Friendica zu erzählen, wirst du schon eine Ahnung davon haben, wie vielfältig und mächtig diese Software ist. Dabei ist sie nicht komplizierter als andere Systeme im Fediverse. Man kann aber ausbrechen, und Dinge realisieren, die an anderer Stelle nicht möglich sind. DEIN Blick hinter die Kulissen von Friendica kann sich lohnen 😁
¹ https://friendica.opensocial.space/display/8ffdf77c-1262-87f7-55b2-38f774167396
Comments
No comments yet. Be the first to react!